Samstag, 20. Dezember 2014

Farmleben in Neuseeland

Nachdem Manu und ich 7 Wochen gemeinsam gereist sind, hieß es nun Abschied nehmen. Sie flog wieder zurück nach Österreich und auf mich wartete bereits die Arbeit auf einer kleinen Farm.

Ich verbrachte 4 Wochen bei Rikki und John in Foxhill, in der Nähe von Wakefield. Dort sammelte ich meine ersten Wwoofing Erfahrungen. Rikki und John besitzen neben einem großen Garten, Hühner, Enten, Schafe, Ziegen, Bienen, eine Katze und eine Kuh. Außerdem haben sie eine Menge wilder Kaninchen auf ihrem Grundstück rumhoppeln, die in Neuseeland längst eine Plage sind. Das Leben auf dem Hof wurde durch einen geregelten Tagesablauf bestimmt. Jeden Morgen hieß 6:45 Uhr aufstehen, um beim Melken der Kuh zu helfen. Ein paar Mal durfte ich Peanut, so heißt die Kuh, eigenständig Milch abzapfen. Nachdem meine ersten beiden Versuche sie zu melken etwas dürftig ausfielen, bin ich beim dritten Anlauf überaus erfolgreich gewesen. Ich war allerdings etwas enttäusch, dass ich sie, nachdem ich nun wusste wie es ging, sie nicht jedes Mal selbständig melken durfte. Mich verwunderte es um so mehr, da Rikki selbst im Rollstuhl sitzt und Beschwerden mit ihren Händen hat. Ich bat ihr des Öfteren meine Hilfe an, aber sie nahm das lieber selbst in die Hand, während ich den Milcheimer hielt. So war es auch mit dem Kochen. Ich unterbreitete ihr den Vorschlag mal was zu kochen, aber bis auf eine Ausnahme wollte sie auch das meistens selbst machen. Dadurch bekam ich manchmal das Gefühl überflüssig zu sein. Abgesehen davon hatte ich generell Schwierigkeiten mit ihnen warm zu werden und fühlte mich nicht wirklich willkommen. Sie wirkten auf mich sehr kühl und distanziert, insbesondere Rikki. Dabei habe ich immer gehört, dass die Neuseeländer doch offene, aufgeschlossene und warmherzige Menschen sind. In diesem Fall wohl nicht. Daher war ich froh, dass die erste Woche noch ein Pärchen aus Deutschland zusammen mit mir auf der Farm arbeitete und mir Gesellschaft leistete.

Es ist wirklich unglaublich, überall trifft man auf Deutsche. In Australien fragte mich einmal ein Einheimischer, ob es in Deutschland überhaupt noch Deutsche gibt, oder ob diese alle schon ausgewandert sind. Diese Frage fand ich ziemlich lustig und wenn man so durch die Welt reist, dann bekommt man tatsächlich den Eindruck, dass die Deutschen überall sind. Jedenfalls war das Unkraut jähten mit Anne und George unterhaltsamer und nach getaner Arbeit hatten wir unseren Spaß beim gemeinsamen Spiel. Zu diesem Zeitpunkt fragte ich mich jedoch wie es wohl ohne die beiden werden würde und ich alleine mit Rikki und John im Haus bin.

Nachdem Anne und Georg abgereist sind, hatte ich das Gefühl, dass sie mit der Zeit ein bisschen auftauten und es zum Ende hin immer besser wurde. Trotzdem hatten sie auch noch bis zum Schluss eine reservierte Haltung. John ließ schon hin wieder mal einen lustigen Spruch fallen, wurde aber von Rikki meistens ausgebremst. Sie dagegen fand ich nicht so kommunikativ und für mein Empfinden kommandierte sie ihn mit ihrer eher rauhen Art manchmal etwas zu oft herum. Aber es gehören schließlich immer zwei dazu und wenn sich John das gefallen lässt, dann scheint es ihm nicht Unrecht zu sein. Wahrscheinlich waren sie mit 3 Wwoofern auch einfach überfordert, da sie mit Mitte 60 auch nicht mehr die Jüngsten sind. Außerdem haben sie ihren ganz eigenen Rhythmus und alte Menschen mögen es nicht besonders, wenn ihre Routine gestört wird. Also hörte ich irgendwann auf zu hinterfragen und machte einfach meine Arbeit, damit sie zufrieden sind. Ich lernte also mit der Zeit besser mit ihnen umzugehen. Außerdem zog ich mich selbst auch zurück, verbrachte viel Zeit mit lesen, schlafen, Tagebuch schreiben und Internetdingen. Was ich allerdings sehr nett fand, dass sie Anne, George und mir ihr altes Auto liehen, damit wir nach Nelson auf den Markt fahren konnten. Auch ansonsten nahmen sie mich freundlicherweise jeden Dienstag Vormittag mit in die Stadt. Während sie bis Mittags arbeiteten, konnte ich so Dinge in der Stadt erledigen. Unter anderem habe ich endlich eine neue schwarze Strickjacke gekauft. Außerdem durfte ich eines der Fahrräder benutzen, mit dem ich einige, nette, kleine Touren unternahm und die Gegend erkundete. Aber ein Auto vermisste ich trotzdem, da ich doch recht abgeschieden und so immer auf Rikki und John angewiesen war.

Dafür lernte ich auch einiges dazu. Nicht nur was die Versorgung der Tiere betrifft, sondern ich gewann neue Erkenntnisse insbesondere in der Herstellung von Käse. So produzierten wir aus der Milch von Peanut alles was das Herz begehrt, Cheddarkäse, Feta, Mozarella, Frischkäse, Quark, Joghurt und Butter. Darüber hinaus durfte ich Pasta, Pizza, Pie, Marmelade, Kekse und Kuchen größtenteils selbst herstellen. Ich war sehr fasziniert wie John und Rikki mit dem Obst und dem Gemüse sowie der Milch, den Eiern und dem Fleisch sich weitestgehend selbst versorgen konnten und nur wenige Dinge dazu kaufen mussten. Dass was zuviel ist, frieren sie ein, sodass sie über die kalte Jahreszeit von dem was der Sommer zuvor hergab, zehren können. Sogar das Brot, auch wenn es nur Toast war, produzierte John selbst mit Hilfe eines Brotbackautomaten. Immerhin war es aus Vollkornmehl. Auch das Müsli mischten sie sich selbst zusammen und rösteten es noch anschließend. Irgendwie scheinen die Neuseeländer unheimlich auf geröstete Dinge zu stehen. Jeden Morgen war ich aufs Neue fasziniert wie John mit Vorliebe seine verkohlten Toasts mit Marmelade verspeiste. Und Rikki, sie war eine gute Köchin keine Frage, aber manchmal dachte ich, würde weniger Fett beim Kochen auch nicht schaden. Oftmals war es einfach viel zu viel des Guten. Zu Hause hätte ich bestimmt des Öfteren gesagt: "Nö, dass esse ich nicht." Aber meistens stopfte ich brav alles in mich hinein oder probierte zumindest. Und so ging die Geschichte mit meinem irritierten Verdauungssystem in die Fortsetzung.

Nachdem ich nun in Queenstown ein 2. Mal beim Arzt war, weil ich nach der Antibiotikaeinnahme wieder eine Verschlechterung verspürte, der Arzt jedoch feststellte, dass ich keinen Parasiten mehr zur Untermiete hatte und mir nicht weiterhelfen konnte, musste ich nun selbst aktiv werden. Dabei habe ich eine enorme Summe für den Arztbesuch ausgegeben. Jedenfalls werden durch Antibiotika nicht nur die  "bösen Feinde", sondern auch die "guten Freunde" vernichtet und um wieder ein Gleichgewicht herzustellen, versuchte ich ein bisschen nachzuhelfen und kaufte mir einen Mix aus Pro-und Präbiotika. Nach 2 Tagen Einnahme hatte ich das Gefühl auf dem Weg der Besserung zu sein. Doch das war nur von kurzer Dauer, denn der Enten-Pie, den wir gegessen hatten, bereitete uns allen dreien Magen-Darm Beschwerden. Nun war wieder alles beim Alten. Ich hoffe nur, dass ich durch die ständige Reizung keine negativen Folgen davontragen werde. Aber meine Hoffnung stirbt zuletzt. Denn nachdem meine Zeit bei Rikki und John vorbei war, entschied ich mich ein 3. Mal zum Arzt zu gehen und nehme seitdem wieder Antibiotika. Ich hoffe, dass die Quälerei bald ein Ende hat. Jedenfalls momentan geht es mir deutlich besser.

Außerdem bin ich schon bei der nächsten Wwoofing Familie und die ist wirklich toll, so wie ich es mir gewünscht habe. Ich freue mich schon Weihnachten und wahrscheinlich auch Sylvester mit ihnen zu verbringen. Aber dazu mehr im neuen Jahr.

Bis dahin wünsche ich euch ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.



beim Unkraut jähten

das übliche Feuer der Neuseeländer, um vermeintlich unbrauchbares Holz zu verbrennen

Anne und Georg

Versuch einen Spatzen zu retten, leider überlebte dieser nur einen Tag

beim Melken


ein Küsschen gefällig


beim Pasta herstellen

Zaney, bekam nach meiner Abreise Zwillinge

Feta

Rikki mit einem riesigen Salat

Cheddarkäse

mh, lecker, denkt sich wohl Ned


Blick vom Hügel hinter dem Grundstück


clucky chicken

Haus von Rikki und John

whitebait Fische in Ei



Tunnicliff Forest Trail

Coco und eine der Twins



Peanut


Guck mal was ich kann.
Mozarella


so cute

Johns verkohlte Toasts, naja meistens waren sie nicht ganz so schwarz ;-)

Rikki und John

meine Dekokünste

selbstgebackene Vanillekipferl